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Seebären in der Stadt

Mit Cienfuegos erreichen wir eine von Kubas grössten Städten. Wir möchten unsere ALOY hier für einige Tage sicher untergebracht wissen, um nach Havanna zu fahren. Die Marina ist  überschaubar, gut organisiert und der Schlüssel des Bootes wird für die Dauer unserer Abwesenheit im Tresor der Marinebüros verwahrt. Mit gutem Gewissen verlassen wir das erste Mal seit acht Monaten unser schwimmendes Zuhause für mehr als ein paar Stunden.

ALOY im Hafen Cienfuegos mit Blick Richtung Stadt. Eindrücke aus Cienfuegos.

Die Bustickets ebenso wie die Unterkunft musste meine Schwester buchen, weil wir uns über den kubanischen Internetzugang nicht auf den Onlinediensten anmelden können. Wer nach Kuba fährt, sollte vorher einen VPN-Client installieren. Die Busfahrt nach Havanna dauert gut drei Stunden, vorbei an Wald und Zuckrohrfeldern. In Kubas Hauptstadt angekommen, handeln mit einem Taxifahrer einen guten Preis aus, und werden im Oldtimer in die Altstadt chauffiert.

Rechts: René im Entre des Casa Aguiar

José und Deysi empfangen uns herzlich im Casa Aguiar, das ein wunderschön hergerichtetes Stockwerk in einem  Kolonialstilgebäude einnimmt. Wir betreten das kleine, blitzsaubere Zimmer mit fünf Meter hoher Decke und lassen uns erst einmal aufs Bett fallen. Ja, wir werden in einem richtigen Bett schlafen und es gibt eine Dusche, also so eine Kabine mit Warmwasser-Brause. Fantastisch!

Havanna ist mit über zwei Millionen Einwohner:innen die zweitgrösste Stadt in der Karibik. Sie liegt an der Nordküste Kubas, gegenüber von Florida. 1519 von den Spaniern gegründet, war sie ein wichtiger Ausgangspunkt für Eroberungszüge in der neuen Welt. Ihre Vergangenheit ist der Stadt anzusehen. Barocke und neoklassizistische Gebäude säumen die schmalen Gassen von Habana Vieja. Für uns bedeutet sie Erinnerungen an die Heimat Europa, was aufgrund der schlimmen Kolonialgeschichte eine fragwürdige Gefühlsregung ist. Es ist dennoch so: erstmals in der Karibik erleben wir ein Stadtfeeling mit Schlendergassen und gemütlichen Cafés. Restaurants, die auch am Abend geöffnet sind, was auf den kleinen Antillen selten vorkam.

Wir nehmen Havanna als vielseitige Stadt wahr. Neben einigen top renovierten Altbauten gibt es unzählige  Gebäude in allen Stadien des Zerfalls. Es gibt das Capitolo mit schimmernder Kuppel, die Kathedrale, Hoteltürme aus Glas und Stahl, einfache Fischerhäuschen am Fluss, ganze Villenviertel, einen gewaltiggrossen Friedhof und die Oldtimer, die als kunterbunte Flecken durch die halbleeren Strassen düsen.

Auffallend ist, dass hier niemand modisch aufgeputzt herumläuft. Die meisten Leute tragen Sporthosen oder Jeans  und Shirts, wer im Dienst ist, trägt eine Uniform. Handwerker sind im Blaumann unterwegs.

Alle paar Meter werden wir angesprochen, weil uns jemand entweder eine Taxifahrt oder Zigarren andrehen will. Auch Geldwechseln ist ein Standartangebot, weil Euros und Dollars kursstabile Währungen sind. Wir lehnen routiniert ab und lernen rasch, nirgends stehen zu bleiben. Die Leute sind stets freundlich und wenn wir dann doch wieder stehen bleiben, um uns auf Google Maps zu orientieren, eilt rasch jemand herbei um zu erklären, in welcher Strasse wir uns befinden, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Eine Zigarre probieren wir auch, allerdings im Fumoire, nicht auf der Strasse.

Nach drei Tagen voller Eindrücken gehts zurück nach Cienfuegos, wo wir  frisches Gemüse kaufen möchten. Die Versrorgungslage in Kuba ist schwierig. Die Einheimischen müssen, soweit wir das Verstehen, sehr streng haushalten. Für uns Touristen gibt es allemal ein breites Angebot, natürlich nicht vergleichbar mit zuhause. Von den  auf einer Speisekarte gelisteten Menus ist meist nur eine kleine Auswahl verfügbar. Es passiert uns auch mehrmals, dass wir zum Essen ein Wasser bestellen und es dann heisst "Wasser? Das haben wir heute leider nicht." Nagut, dann halt Limonade. Man muss flexibel bleiben. Nach einem Zweistunden-Marsch durch Cienfuegos haben wir Zwiebeln, Kohl, Tomaten, Gurken, Bananen und Guaven in der Tasche.

Links: ein gut bestückter Obststand in Havanna, durch das Guckloch in unserer Haustür fotografiert. Mitte: Das Angebot in Cienfuegos ist bescheiden, die Verkäuferin dafür sehr herzlich. Rechts: Die Speisen in den Restaurants werden stets liebevoll hergerichtet.

Am nächsten Morgen sticht ALOY wieder in See. Zurück auf dem offenen Meer spüren wir sogleich die ersten Anzeichen der Seekrankheit. Das darf ja wohl nicht wahr sein!