Unser Weg führt uns der kubanischen Südküste entlang Richtung Westen. Was für eine Landschaft! Völlig unbebaut, naturbelassen, imposant, flau. Die endlosen Bergketten halten den Wind auf und wir müssen die gesamte Dreitagesstrecke motoren.
Über Nacht machen wir in den seltenen Buchten halt, die es zwischen den Felsen gibt. Als wir am ersten Abend Chivirico anlaufen, kommen wir uns komisch vor, wie wir unsere wuchtige Yacht durchs Riff manövrieren und dann mitten zwischen den kleinen Hütten parken. Einige Fischer stehen bis zur Hüft im Wasser auf dem Riff, andere legen von einem Floss aus Netze.
Chivirico - einfaches Leben am Ufer
Im nächsten Dorf kommt ein Beamter zur Kontrolle vorbei. Eine Dorffrau rudert ihn zu uns hinaus. Er nimmt unsere Reiseerlaubnis mit und bringt sie erst am kommenden Tag kurz vor unserer Abfahrt wieder. Später schwimmen zwei Schuljungen zu ALOY. Sie sind neugierig, wollen ein bisschen gucken und fragen, ob sie vom Bug aus ins Wasser springen dürfen. Die Limonade, die wir ihnen anbieten, trinken sie nicht, sondern bringen sie der Familie mit.
Hof mit Pferden bei Portillo
Von Cabo Cruz aus steuern wir ein weitläufiges Gebiet an, das die Gärten der Königin genannt wird. Das Wasser über den Seegrasswiesen ist selten mehr als zwanzig Meter tief und trüb. Wie Blumenbeete liegen darin verstreut rund 660 kleinen Koralleninseln, von denen die meisten dicht mit Mangroven bewachsen sind. In dem Moment wo wir ums Kap biegen, ist fertig mit Flaute! Zwanzig Knoten fegen jeden Abend aus Nordost durch die Gärten.
Leuchturm von Cabo Cruz
Es ist eine Offline-Zone. Wir verbringen zehn Tage damit, von Insel zu Insel zu tingeln. Es gibt kein Internet, keinen Telefonempfang, selbst das Funkgerät schweigt.
Der Wind folgt lokalen Bedingungen. Nachts, wenn sich Kubas Berghänge abkühlen, weht er kräftig aus Nordost, um den Mittag herum flaut er ab und dreht auf Süd, um dann gegen Abend aus West zu wehen. ALOY dreht sich an jedem Ankerplatz einmal komplett im Kreis. Eines morgens muss René mit der Tauchflasche zum Anker runter. Die Kette hat sich um einen Stein gewickelt und wir bekommen sie nur mit Mühe und Glück wieder frei. Ein andermal stellen wir, als der Wind nachlässt, fest, dass wir nur noch achzig Zentimeter Wasser unter uns haben, dafür eine kräftige Strömung, die ALOY am Anker ausrichtet.
Foto links: Der Grund aus Seegras in Cayo Cachiboca liegt keinen Meter unter ALOY und ist gut sichtbar.
Wir segeln jeweils morgens, solange es Wind hat westwärts, schwitzen nachmittags in der flauen Hitze zwischen den Mangroven, sind ganz für uns. Zweisam. Es herrscht vollkommene Stille, die nur ab und zu von einem Vogelschrei unterbrochen wird. Jeden Abend bringt die Sonne den wolkenlosen Horizont zum Glühen.
Ein einziges Mal gehen wir an einem Strandabschnitt an Land, sonst sind wir auf dem Boot gefangen. Sehr zu Renés Freude, denn er geniesst das „Daheimbleiben“. Irgendwann werde ich rastlos und zänkisch. Es ist Zeit weiterzukommen. Am Westrand der Gärten treffen wir auf kubanische Fischer, die uns ihren Fang im Tausch gegen Bier anbieten. Ein willkommenes Angebot.
Strandabschnitt bei Cayo Cuervo; Fischer in Cayo Chiquito; René zerlegt den Fisch
Es ist zwei Uhr morgens, als wir in Cayo Chiquito den Anker lichten. Wir müssen den nächtlichen Wind nutzen, um Diesel zu sparen. Mit Erreichen der Stadt Cienfuegos sind wir zurück unter Menschen und haben wieder Internet!