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Luxus in Türkis

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Das Erste, was wir sehen, als wir uns Antigua nähern, sind moderne Sportjachten mit Carbonsegeln. Wir queren das Regattafeld, um zum berühmten English Harbour zu gelangen, einem Hurricane Hole, in dem im 18. Jahrhundert Nelson’s Dockyard errichtet wurde. Die Anlage ist heute UNESCO-Weltkulturerbe und wir zahlen Eintritt, um hier einzuklarieren.

Entlang der schmalen Einfahrt liegen sie, die Superyachten. Moderne Motorbrummer, Carbonracer und elegant-klassische Holzyachten. Alle frisch lackiert, aufpoliert und mit glänzenden Chrom-Beschlägen. Protzige Radaranlagen prangen an den Masten, die Crews in Uniform pützeln fleissig, damit alles noch mehr glänzt. Ehrfürchtig fahren wir am Dock vorbei und ankern kostenlos im hintersten Winkel, urgemütlich zwischen den Mangroven.

Nelsons Dockyard: 2. Foto: Superyacht Adix im Hintergrund, Letztes Foto: Motoryacht Arrow, Charterpreis 900'000 Euro/Woche.

English Harbour is very british und kontrastiert zu den französischen Antillen. Niedrige Steinhäuser, akkurat gestutzter Rasen, in der Bäckerei gibt es Pastery anstelle von Baguette. Das Einklarieren läuft trotz aller Schauergeschichten problemlos ab. Wir achten aber auch darauf, die Vorschriften einzuhalten: Anständige Kleidung, niemand ausser der Skipperin darf von Bord (auch nicht baden), bis die Formalitäten erledigt sind.

Das kleine Antigua wird von keinem hohen Vulkangebirge dominiert. Kein Wandern. Antigua klotzt mit Küste. Rund um die Insel gibt es tiefeingeschnittene Buchten. Das Wasser ist flach, oft nur zwei bis drei Meter tief und leuchtet in prospekttürkis über weissem Sand. Ab und an prüfen wir, ob uns der Polaroidfilter der Sonnenbrille einen Streich spielt. Nein, es ist tatsächlich so kitschig.

Bei Sonnenschein und Regen in einsamen Buchten.

Wir klappen Schwert und Ruderblatt hoch, um mit unserer Ovni nahe an den herrlichen Stränden zu ankern, ja, auch an Orten, wo sonst kaum einer hinkommt. Eine Bucht, die bald unsere „Lieblingsbucht“ heisst, haben wir mehrere Tage für uns: eine grünblaue Badewanne, aus der nur ab und zu der Kopf einer Schildkröte auftaucht, die nach dem Rechten schaut. An Land dürfen wir allerdings nicht. Wie so viele Inseln hier, ist auch Green Island privat.

Great Bird Island: Rotschnabel-Tropikvogel, Antigua-Schlanknatter, Eidechsen, Segler mit Fotoapparat.

Auf Great Bird Island darf man gegen Eintritt einen Hügel besteigen, um von dort aus Fregatt- und Tropikvögel zu beobachten. Die Antigua Schlanknatter, einst fast ausgestorben, pflanzt sich hier wieder fröhlich fort, schliesslich gibt es für sie genügend leckere Eidechsen. Ihre Feinde, die eingeschleppten Ratten, wurden gezielt exekutiert.

Um die idyllischen Ankerbuchen der Atlantikküste zu erreichen, müssen wir zwischen Korallenriffen durchnavigieren. Dafür üben wir „Augapfelnavigation“. Das heisst, einer steht am Bug und starrt bei hohem Sonnenstand ins Wasser, um die gefährlichen Korallenköpfe zu sehen. Ich umschiffe grundsätzlich gerne grosszügig. Es macht mir auch nichts aus extra Meilen zurückzulegen, um eine sichere Passage zu wählen. René geht lieber mal ein Risiko ein. Ach, was schreibe ich da, er braucht bisweilen ein gewisses Risiko für sein Wohlbefinden. Dank ihm haben wir uns in einige der schönsten, riffbewehrten Ankerbuchten gewagt. Eines Tages allerdings, lasse ich mich breitschlagen und wir nehmen eine „Abkürzung“.

"Halt! stopp! rückwärts!" schreie ich vom Bugkorb aus.

"Was?" schreit René nach vorne. Man versteht sich bei laufendem Motor immer so schlecht.

"Korallenköpfe! Zurück, schnell zurück!"

René gibt Retourgas. Haarscharf stoppen wir vor den Kalkmonstern. Dann, wir beratschlagen noch, wie wir das Boot wenden, treibt es uns seitlich aufs Riff. Nur ein wenig, zum Glück. René reagiert schnell, und schafft es, uns frei zu manövrieren.

Die wackere Alu-Aloy hat glücklicherweise nur ein paar Kratzer in der Unterwasserfarbe. Und was hat der Korallenkopf abgekriegt? Wir wissen es nicht, haben aber auf jeden Fall eine Lektion gelernt.

Steg vor dem chicen Admirals Inn.

Nach einer Woche, in der wir kaum je an Land konnten, sind wir zurück in English Harbour und vertreten uns die Beine. Zur Abwechlung wollen wir mal wieder essen gehen und legen mit dem Dingi am Steg vor dem Admirals Inn an. Eine chice Adresse, wir haben uns herausgeputzt. René hat dummerweise seine Schuhe vergessen, darum gehe ich voraus und frage nach dem Tisch. Unter romantischen Lichterketten geniessen wir das Dinner. Vorspeise und Dessert teilen wir uns sparsam. Ein Jazztrio spielt und weil es so schön ist, und weil mein Mann eben ist, wie er ist, fordert er mich zum Tanzen auf. Barfuss. Das macht nix. Die anderen Gäste schmunzeln vielleicht ein wenig. Dann gehen wir zurück zum Dingi und paddeln zu ALOY. Der Dingimotor läuft nämlich zurzeit nicht.

Rechtes Bild: Beim Ausankern in English Harbour ziehen wir einen alten Stockanker mit hoch. Es dauert etwas, bis wir uns befreit haben.

Apropos Motor: Unsere Motoren sind beide irgendwie indisponiert. Täglich dökterln wir herum, auch mit Telefonassistenz von Werfteigner Jêrome. Schliesslich müssen die Dinger aber doch zum Mechaniker. Der Dingimotor ist rasch repariert. Die mysteriösen Aussetzer des Diesels halten an.

Wie weiter? Wir hoffen, dass wir das Problem mit dem Motor bald lösen können. Sobald das geschafft ist, wollen wir nach St. Kitts. Dort haben wir nämlich einen Termin bei der Botschaft, um unsere Touristen Visa für Kuba zu erhalten. Kuba, das ist der nächste grosse Traum!