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Besuch auf Guadeloupe

Reparaturen und Regenwetter. Pünktlich mit dem Besuch aus der Schweiz, der sich auf Sonnetanken freut, kommt unstetes Wetter in der Karibik an. Meine Eltern haben sich kurzfristig entschlossen, uns auf der schmetterlingsförmigen Insel zu besuchen. Sie bringen Ersatzteile und Farmerriegel mit und werden die nächsten zwei Wochen ALOYs Vorschiffskabine bewohnen. Zu unserem eigenen Erstaunen haben wir es geschafft, den ganzen Krempel aus dieser Kabine im Mittelschiff zu verstauen.

Erstes Bild: René und Papi arbeiten an der Hydrovane. Zweites Bild: Tanker und auf einem Riff gestrandete Yacht vor dem Hafen von Pointe-à-Pitre (beide Fotos: Isabella Müller).

Die ersten beiden Nächte verbringen wir mit unseren Gästen in der Marina in Pointe-à-Pitre, der mit Abstand grössten Stadt auf Guadeloupe und Zielhafen der berühmten Route-du-Rhum-Regatta. Selbstverständlich stehen Reparaturen an. Die untere Verschraubung der Windsteueranlage lottert. Wir hatten schon bei der Montage Bedenken, dass das Gewinde in der fünf Millimeter dünnen Aluplatte die Belastung dauerhaft aushalten würde. Leider sind übliche Muttern an der unzugänglichen Stelle keine Option. René fährt durch die halbe Stadt um spezielle Blindnietmuttern zu besorgen, mit denen sich das Gewinde verstärken lässt. Papa, frisch an Bord, wird natürlich sofort in die Arbeiten miteinbezogen. Den halben Tag üben und knorzen sie, bis fest steht: ohne Spezialwerkzeug geht gar nichts. Also wieder eine Fahrt durch die Stadt, um in einem Fachgeschäft das teure Werkzeug zu beschaffen.

Am Mittag des dritten Tages brechen wir in die wolkenüberdeckte See auf und suchen uns prompt eine besonders schaukelige Bucht für die Nacht aus. Meine Eltern sind sicher voll überzeugt von unseren Seefahrtserfahrungen.

In den kommenden Tagen haben wir guten, teilweise auch zu viel Wind. Das Segeln macht Spass, aber wir verdrücken uns zur Sicherheit auf die Leeseite von Guadeloupe, wo wir die Hauptstadt Basse-Terre erkunden. Das Familienleben an Bord funktioniert ganz gut. Meine Eltern werden Zeugen wie René und ich uns bei jedem Ankermanövern zanken wie die Möwen. Sie halten sich diskret raus, erzählen aber später, wie Papi bei ihrer Reise vor vierzig Jahren bei einem Manöver so wütend wurde, dass Mami von da an jedes Ankermanöver fahren musste. 

Als sich das Wetter nach einer Woche beruhigt, wagen wir uns wieder nach Süden und zu der kleinen Inselgruppe der Saints, die zu Guadeloupe gehört. 

Südwestkap von Basse-Terre mit dem Leuchtturm von Vieux-Fort, im Hintergrund die Inselgruppe Les Saints.

Die Inseln "Les Saints" bilden rund um das Dorf von Terre-de-Haut eine fast geschlossene Bucht. Man liegt umgeben von grünen Hügeln vorzugsweise an einer Eco-Mooring, die den Meeresgrund schont und Gebühren einbringt. Trotz der idyllischen Lage kommt bei Seegang von Nordost ordentlich Schwell in die Bucht und da wir spät dran sind, hängen wir für eine Nacht an der exponiertesten Mooring. Wir harren tapfer aus mit dem Plan, am nächsten Morgen eine der besseren Moorings näher am Dorf zu ergattern und tatsächlich: Als ich morgens beizeiten mit dem Dinghy ins Dorf tuckere, um Brot zu kaufen, entdecke ich eine freigewordene Boje. Wir lassen das Brot erst mal beim Bäcker und belegen hurtig unsere ALOY um, bevor eine der anderen lauernden Yachten etwas merken kann.

Für ein paar Tage liegen wir herrlich ruhig im grünblauen Wasser, beobachten das Kommen und Gehen der Yachten und Kreuzfahrtschiffe, baden, erkunden das Dorf und die Insel.

Flanieren durchs Dorf und in die Hügel hinauf. Sechstes Foto: welches ist wohl unser Boot? Drittes und siebtes Foto: aufgenommen von Isabella Müller

Terre-de-Haut hat ausgesprochen französisches Flaire. Es gibt hier viele Cafés und Restaurants, drei Bäckereien voller Baguettes und Croissants, chice Kleiderläden und eine Galerie. Auf dem Hügel über dem Ort thront das Fort Napoleon, von wo aus man eine herrliche Aussicht genießt. 

Neben all den Menschen (Einheimische?, Ausgewanderte und Touristen!) leben hier Ziegen und unzählige Hühner. Ausserdem kann man den selten gewordenen Antillen-Leguan noch wild beobachten.

Erstes Foto: Plage de Pompière; Zweites bis viertes Foto: Grande Anse (Foto 1 und 4 aufgenommen von Isabella Müller)

Rund um das Eiland gibt es mehrere Strände, von denen die meisten flach und gut geschützt liegen und zum schwimmen einladen. Ein langer Strand gegen den offenen Atlantik wird hingegen von starken, türkisen Wellen heimgesucht. Ein wunderbarer Ort zum Spazieren und Staunen. Baden ist zu gefährlich und untersagt.

René sucht und findet hier ein paar Kokosnüsse, die er auf ALOY mühevoll für uns knackt. Die Eltern bewundern auf einem ihrer Spaziergänge das Werk des lokalen Bootsbauers. 

Schliesslich neigt sich die zweite Woche ihrem Ende zu. Wir fahren zurück nach Point-à-Pitre wo es heisst: Abschied nehmen.